Wenn Kinder die Wolken betrachten, sehen sie Drachen, Löwen, Elefanten. Sie projizieren Figuren in die Wolken hinein. Bis zu einem gewissen Alter gehen Kinder davon aus, dass alles, was sich bewegt, lebendig ist. Und damit auch die Wolken.
Der Genfer Entwicklungspsychologe Jean Piaget hat eine Studie gemacht, in der er herausfinden wollte, wann etwas für Kinder lebendig ist. Eine der Fragen, die er stellte, war: »Sind Wolken Lebewesen?« Ich bin in den Siebzigerjahren während eines Aufenthalts in den USA auf diese Studie gestossen. Doch die Frage, was Leben ist, trieb mich schon viel länger an. Und sie beschäftigt mich noch immer.
Ich kann mich erinnern, dass ich eines Tages, es muss im Kindergartenalter gewesen sein, merkte, dass ich mich veränderte. Ich war nicht mehr der Gleiche wie ein Jahr zuvor. Diese Erkenntnis, dass das Leben einen zeitlichen Ablauf hat, ist ein wichtiger Schritt in der Entwicklung eines Kindes. Davor lebt es in einer statischen Welt: Das Kind ist da, Mutter und Vater sind da, die Katze ist da. Es war gestern so, es ist heute so, und es wird morgen so sein.